Die Wendeltreppe führt steil hinab in einen engen Kellerflur, es ist dunkel hier. Gleich werden wir ihn also sehen: den Raum, in dem Roland Spranger seine Theaterstücke, Krimis, Romane und Kurzgeschichten schreibt. Er öffnet die Tür und wir betreten eine andere Welt: Der Boden ist mit einem weichen Teppich ausgelegt, die Sonne sucht sich ihren Weg durch das hohe Gras vor dem Fenster und taucht den Raum in warmes Licht. An einer Wand finden sich Bücher in Regalen bis an die Decke, teilweise in zwei Reihen stehend. Alles in diesem Raum hat kräftige Farben. Am Boden steht ein vergoldeter Spiegel, zwei Sessel, ein kleines Tischchen mit Karteikarten. Darauf geschrieben: Ideen für Szenen für seine Texte. Außerdem an den Wänden: Regalbretter voller Filme und Magazine; Plakate von Theaterpremieren; ein Pokal, aber nicht von einem Sportevent, sondern der Friedrich-Glauser-Literaturpreis. Werke von befreundeten Künstler*innen. Unser Blick bleibt bei einem Druck hängen: „Ein originaler Ingo Franz.“ Spranger lächelt. Er lächelt überhaupt viel. Als Moderator beim Gwaaf im Kunstkaufhaus kann man ihn erleben, wie er mit sarkastischem Humor den Gästen ins Wort fährt und gerade dadurch für Unterhaltung sorgt. In seinem Arbeitszimmer, auf einem der beiden Sessel sitzend, strahlt er hingegen eine tiefe Ruhe aus. Er nimmt sich Zeit für seine Worte, die er mit Besonnenheit wählt.
Mittendrin in Sprangers geheimnisvoll-gemütlichen Zimmer steht sein Schreibtisch, an dem er sich einbaut und an der Weltherrschaft bastelt. Das behauptet er zumindest. Er schreibt seine Texte am PC: „Ich knall das erstmal raus, und ich bin jemand, der viel überarbeitet, aber der es auch schätzt, Textblöcke durch die Gegend zu schieben, was einzufügen, was rauszunehmen. Ich finde, dass mir der PC da ganz viel Freiheit verleiht.“ Doch die Arbeit eines Autoren, so sagt er, findet auch draußen statt: beim Beobachten der Menschen. Diese Beobachtungen hält er in kleinen Notizbüchern fest. „Ich schreibe sehr stark von den Charakteren her.“ Er entwickelt den Menschen hinter der Figur, fragt sich, in welcher Lebenssituation die Figur ist und in welche sie kommen könnte. Und: er hat eine Idee vom Konflikt, der sich auftut. Spranger beschreibt, wie in seinem jüngsten Krimiroman Tiefenscharf mehrere Erzählstränge parallel verlaufen, „aber man weiß, irgendwann muss der Clash kommen – irgendwann.“ Diese Erzählstränge schreibt er auf Karteikarten. In der Schachtel auf dem Tischchen lagert ein ganzer Stapel davon, voll mit Szenenentwürfen und Erzählsträngen. Spranger demonstriert, wie er damit arbeitet: Er legt mehrere auf den Tisch, blaue, gelbe und rosafarbene, und beginnt, sie in verschiedenen Systemen anzuordnen – „und dann habe ich hier so ein Puzzlespiel, an dem ich tüftel.“